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FTTH-Netzausbau

Gemeinde Widnau – kluge Strategie im Glasfaserausbau

Die Gemeinde Widnau hat beim Ausbau ihres Kabelnetzes eine kluge Strategie gewählt. So wurde das HFC-Netz modernisiert und gleichzeitig der Grundstein für den langfristigen Ausbau eines FTTH-Netzes gelegt.
Helltec Glasfaseraubau Gemeinde Widnau

Ausgangslage

Das Kabelnetz der Gemeinde Widnau wurde in den 1970er Jahren erbaut und seither laufend den technischen Anforderungen angepasst. Mit dem Einsatz der Glasfasertechnologie im Jahre 2000 wurden die einst von der Ortszentrale bis zur Anschlussdose durchgehenden Kupferkabel zu einem HFC-Netz (Hybrid Fiber Coax) ausgebaut. Dabei wurden die Kupferkabel durch Glasfasern bis in die Quartiere (teilweise bis 20 Meter zu den Liegenschaften hin) ersetzt. Die letzten Meter und die Verteilung im Haus erfolgt weiterhin über Kupferkabel.

Im kompetitiven Markt der elektronischen Kommunikation sind die Kabelnetzbetreiber permanent gefordert, konkurrenzfähige Telekomdienste anzubieten. Um die Übertragung dieser Dienste zu gewährleisten, ist eine entsprechende Infrastruktur unabdingbar. Im Verlaufe des Jahres 2018 stand die Frage «Wie weiter mit dem Kabelnetz?» auf der Agenda der zuständigen Vertreter/innen der Gemeinde Widnau. In diesem Zusammenhang wandten sich die Verantwortlichen an die Helltec Engineering AG, um über den nächsten Aufrüstungsschritt zu beraten.

Konzept/Vorprojekt

Dass in die Infrastruktur investiert werden muss, ist jedem Kabelnetzunternehmen klar – wie aber die Investitionen getätigt werden sollen, ist für die KNU eine Herausforderung, so auch für die Gemeinde Widnau. Für die Erarbeitung von Lösungsansätzen hatte sich die Gemeindepräsidentin, Frau Dr. Christa Köppel, mit den Spezialisten der Helltec Engineering AG beraten. In der Folge wurden die konzeptionellen Eckpunkte gemeinsam festgelegt. Die wichtigsten Faktoren waren die Weiterverwendung der bestehenden Infrastruktur, die Anforderungen an die nächste Betriebsdekade, Nachhaltigkeit, Flexibilität und Wirtschaftlichkeit. Mit diesen festgelegten Rahmenbedingungen erarbeitete Helltec in der Folge ein Vorprojekt.

Grundsätzlich sind bei einem Upgrade viele Lösungsvarianten möglich, vom einfachen Ersatz der Aktivkomponenten bis hin zum flächendeckenden Glasfasernetz. Erfahrungsgemäss gibt es aber für jedes Kabelnetz eine individuelle und optimierte Lösung. So auch für die Gemeinde Widnau, die sich schliesslich für eine pragmatische und gleichzeitig innovative Lösung entschieden hat. Nämlich, das bestehende HFC-Netz auf eine Gigabit-Bandbreite auszubauen und gleichzeitig die Basis für ein FTTH-Netz zu legen. Zielsetzung war, unter Nutzung der bestehenden Infrastruktur (Investitionsschutz) ein leistungsfähiges «state of the art» Verteilnetz zu realisieren und gleichzeitig die Grundinfrastruktur für ein FTTH-Netz bereitzustellen, um jederzeit bedarfsorientierte Glasfaseranschlüsse anbieten zu können, und all das unter dem Aspekt eines optimalen Kosten-Nutzen-Verhältnisses. Mit dieser klugen Strategie wurde in eine nachhaltige Netzinfrastruktur mit überschaubarem Investitionsrisiko investiert.

Weshalb das HFC-Netz nicht einfach durch ein FTTH-Netz ersetzen?

Im Gegensatz zum evolutionären, gibt es auch den revolutionären Ansatz, bei welchem HFC-Netze vollständig durch FTTH-Netze ersetzt werden. Viele Gemeinden und Energieversorger verfolgen diese sogenannte FTTH-Strategie, welche meist in Kooperationen umgesetzt wird. Ein neues FTTH-Netz zu bauen erfordert aber einerseits viel Zeit und andererseits grosse finanzielle Mittel – Faktoren, welche die meisten Netzbetreiber nicht haben.

Selbstverständlich wurde auch in der Gemeinde Widnau eine FTTH-Strategie intensiv diskutiert und evaluiert. Nach der Beurteilung aller Vor- und Nachteile sowie Auswertung der Nutzwertanalyse konnten die Verantwortlichen eine klare Entscheidung treffen, nämlich das bestehende HFC-Netz möglichst zeitnah auf eine Bandbreite von 1 GHz/204 MHz zu modernisieren und gleichzeitig den Grundstein für den langfristigen Ausbau eines FTTH-Netzes zu legen. Bei der Gemeinde Widnau lautete die Devise «Das eine tun – und das andere nicht lassen»!

Voraussetzung bei diesem Vorgehen ist, dass vorab ein Glasfaserkonzept erarbeitet wird. Dabei müssen Betriebs- und Faser-Modell (Open Access, Mehrfasermodell), die Netztopologie (AON – Active Optical Network oder PON - Passive Optical Network), Standorte der Glasknotenpunkte (PoP), die Haus- und Wohnungsverkabelung usw. festgelegt werden. Auf dieser Grundlage wird anschliessend über den gesamten Netzperimeter ein sogenannter Masterplan für das FTTH-Netz erarbeitet. Die Umsetzung erfolgt dann bedarfsorientiert. Die Realisierung des FTTH-Netzes auf der Grundlage des Masterplanes entsteht also «step by step», kontinuierlich und bedarfs- bzw. nachfrageorientiert.

«Für die Modernisierung des Kommunikationsnetzes in Widnau haben wir eine flexible, zukunftsoffene Lösung gewählt. Helltec hat dazu die Entscheidungsgrundlagen erarbeitet. Als ‹quick win› haben wir unser HFC-Netz in kürzester Zeit mit 1.2-GHz-tauglichen Komponenten auf 1.0 GHz modernisiert und zusätzlich mit DOCSIS 3.1 getunt. Im gleichen Zug wurden die infrastrukturellen Grundlagen für den FTTH-Ausbau gelegt. Der wird nun ‹step by step› umgesetzt. Aktuell läuft der Roll-out im Industrie- und Gewerbegebiet, wo unsere Kunden diese Power auch tatsächlich brauchen.» Frau Dr. Christa Köppel, Gemeindepräsidentin Widnau

Netzupgrade und FTTH-Ausbau

Das Upgrade des bestehenden HFC-Netzes erfolgte auf der Basis des Vorprojektes. Dabei wurde die Bandbreite von 862 MHz auf 1 GHz erhöht und der Rückweg von 65 MHz auf 204 MHz ausgebaut. Selbstverständlich wurden Komponenten neuster Technologie inklusive Netzüberwachung verbaut, was sich im Unterhaltsaufwand und vor allem in der Betriebssicherheit auszahlt. Die Netzzentralen für das HFC- und das FTTH-Netz wurden neu erstellt. Die Modernisierungsarbeiten wurden in rund 16 Monaten ausgeführt und stehen heute kurz vor dem Abschluss.

Bereits während der Modernisierung des HFC-Netzes hat die Gemeinde Widnau beschlossen, parallel mit dem Ausbau des FTTH-Netzes zu beginnen. Dafür wurden auf der Basis des Masterplanes die ersten Glasknotenpunkte installiert. Diese befinden sich in der Netzzentrale, in einem Neubaugebiet und im Industriegebiet. Alle Glaskontenpunkte sind mit aktiven Komponenten ausgerüstet und untereinander redundant vernetzt. Von diesen Knotenpunkten werden die Kunden mit P2P (Punkt zu Punkt) Verbindungen erschlossen. Gemäss FTTH-Konzept werden pro Liegenschaft und pro Nutzungseinheit je zwei dedizierte Fasern zur Verfügung gestellt.

Ab den Glasknotenpunkten (PoP) werden punktuell und nach Bedarf die Glasfasern verlegt. So können Businesskunden mit Anforderung an hohe Anschlussgeschwindigkeit (10 Gbit/s und mehr) mit Glasfasern erschlossen werden. Neubaugebiete werden grundsätzlich mit FTTH ausgebaut. Die Gemeindebetriebe und Schulen wurden bereits vollumfänglich mit Glasfasern erschlossen. Ebenso sind die ersten Unternehmen mit P2P-Verbindungen an das Glasfasernetz angeschlossen. Als Pilotprojekt für FTTH in Privathaushaltungen wurde die Wohnüberbauung «Menzi-Park» mit sieben Mehrfamilienhäusern mit 106 Wohnungen an das Glasfasernetz angeschlossen. Weitere reine Glasfaseranschlüsse erfolgen in den nächsten Jahren – immer bedarfsorientiert und abgestimmt auf anfallende Werkleitungssanierungen, um Synergien nutzen zu können.

Fazit

Kurz vor der Fertigstellung der Bauarbeiten kann eine positive Bilanz gezogen werden. Die Gemeinde Widnau verfügt über ein äusserst leistungsfähiges HFC-Netz, welches den Ansprüchen der kommenden Jahre problemlos gerecht wird. Zudem wurde im Zuge der schnellen und effizient gestalteten Hochrüstung des HFC-Netzes gleichzeitig der Grundstein für den längerfristigen Ausbau des FTTH-Netzes gelegt. Dank der sehr guten Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde Widnau und der Helltec Engineering AG sowie den sorgfältig ausgearbeiteten Grundlagen und einer sehr umsichtigen Projektleitung konnte das Projekt bezüglich Kosten, Termine und Qualität im geplanten Rahmen erfolgreich und ohne Probleme realisiert werden.